Diese Region im Norden Frankreichs „schmeckt“ einfach très bon. TradeTalk hat sich in diesem Sommer auf den Weg in die Normandie gemacht, als deren kulinarische Wahrzeichen die drei berühmten C’s – nämlich Cidre, Camembert und Calvados gelten. Bei unserer kleinen kulinarischen Exkursion lernten wir besonders die „Cuisine Terroir“ zu schätzen. Doch die normannische Küche hat neben den drei berühmten C’s noch viele weitere Spezialitäten zu bieten. Zum Beispiel Austern oder Jakobsmuscheln aus dem Wasser vor der 600 Kilometer langen Küste. Oder guten normannischen Wein aus St-Pierre-sur-Dives.

„Das milde und feuchte Klima hier ist geradezu ideal für den Anbau von Äpfeln“, erzählt uns Fredéric in seiner traditionellen Cidrerie, die im Herzen der Region Domfront Poiré liegt – der Heimat des AOC-geschützten fruchtigen Schaumweins aus Birnen namens Poiré. Auf seinem 25 Hektar großen Hof werden pro Jahr circa 120.000 Liter Calvados und 80.000 Liter Birnencidre produziert. „Die beste Erntezeit für die Äpfel hier ist im November, für Birnen Ende September“, so der Chef des Familienbetriebs, der bewusst auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet und seine Bäume mit Sachverstand für die nächste Generation pflanzt. „100 Jahre wach
sen lassen, 100 Jahre ernten, 100 Jahre sterben lassen“, erklärt er den Lebenszyklus der Bäume. Und: „Sie müssen mal im Frühjahr in die Normandie kommen, dann verwandeln an die zehn Millionen Apfelbäume die
Normandie in ein in weiß getünchtes Blütenmeer“.

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© TradeTalk

Calvados – etwas für Genießer
Dann erfahren wir noch, dass das Geheimnis des Aromas beim Calvados in der Größe der Frucht liegt: je kleiner der Apfel, desto stärker ist sein Aroma. Bis aus den kleinen Äpfeln ein bernsteinfarbener Calvados herangereift ist, vergehen einige Jahre. Und so ist eine Flasche Calvados vor allem etwas für Genießer. Der Calvados wird als Digestiv langsam getrunken. In der Normandie kennt man ihn auch als „trou normand“ (dt. normannisches Loch). „Das regt die Verdauung an und so entsteht wieder Platz für den nächsten Gang“, meint Fredéric.

Die Biscuits der Herren Burnouf
Keine Frage, dass die Normandie neben vielen herzhaften Produkten auch verschiedene süße Spezialitäten anzubieten hat. Wie die Sablés, die Gallettes, die Karamellbonbons, Madeleines, Konfitüren, die Honigprodukte, den Kaffee, die Schokolade und, und, und… All diese Köstlichkeiten basieren auf dem savoir-faire der Beteiligten, die mit ihrem Enthusiasmus die traditionelle Küche mit der modernen verbinden. Auf unserer kleinen Gourmandie-Reise sind wir in Sortosville-en-Beaumont mit Herrn Burnouf verabredet, dessen Ururgroßvater schon die Basis für die heutige „Maison du Biscuit“ legte. Das im Jahre 1903 gegründete Familienunternehmen ist heute einer der letzten traditionellen Keksherstellungsbetriebe der Normandie. „Pro Jahr werden bei uns circa 450 Tonnen Kekse hergestellt“, erzählt uns Herr Burnouf nicht ohne Stolz, dessen Eltern noch auf den Märkten Kekse verkauften. „Kekse und Normandie, das passt gut zusammen, schließlich wird in unserer Region die meiste Milch Frankreichs produziert.“ Heute beschäftigt das Unternehmen 27 Mitarbeiter und ist ein wahrer Magnet für Touristen aus aller Welt. Und davon kommen rund 500.000 pro Jahr. In dem Appetit machenden Verkaufsraum werden neben Keksen auch andere kulinarische Spezialitäten angeboten. Ein Highlight ist auch der englische Tee-Salon, in dem über 250 Spezialitäten angeboten werden.

Bild_05Routen des feinen Geschmacks
Wer auf kulinarische Entdeckungstour durch die Normandie geht, hat wirklich die „Qual“ der Wahl. Käseliebhabern sei die Camembert Route, die im Pays d’Auge zu finden ist, empfohlen. Die Camembert Route führt an vielen kleinen Dörfern und Bauernhöfen vorbei, die in Verbindung mit Camembert stehen. Zur Route zählen die Dörfer Camembert, Vimoutiers, Champosoult, Les Champeaux, Aubryle-Panthon, Roiville, Ticherville, Canapville, Orbec und Guerquesalles. Cidre-Kenner werden an der 40 km langen Cidre Route ihre Freude haben, die sich durch das Departement Calvados sowie dem Pays d’Auge zieht. Auf dieser Route liegen kleine malerische normannische Dörfer wie Bonnebosq, Beaufour Druval, Beuvron-en-Auge, Cambremer und La Roque-Baignard. Mehr als 16 lokale Cidre-Hersteller säumen diese Strecke und laden zu Besichtigungen und Proben des Cidre, des Calvados, des Pommeaus und des Poirés ein.

Bild_04In Austern geboren
Da wir leider nur wenige Tage Zeit haben, entscheiden wir uns für einen Besuch des kleinen Hafenstädtchens Saint-Vaast-la-Hougue, dessen Austern für ihre Qualität und ihr nussiges Aroma in ganz Frankreich und darüber hinaus bekannt sind. In der Austernzucht „Huîtres de Saint-Vaast-la-Hougue“ treffen wir uns mit Sebastien Lejuene, der schmunzelnd erzählt, er sei „in Austern geboren“. Der 43-Jährige stammt aus einer wahren „Austernfamilie“. Von ihm erfahren wir, dass Austerngitter alle drei Monate im Meer gewendet werden. Und, dass hier die Austernbänke circa 800 Meter bis zwei Kilometer draußen im Meer in der Bucht von Saint Vaast liegen. Hier in der Austernzucht können wir selbst erleben, wie viel Arbeit die Austernzucht macht – und weshalb sie seit einigen Jahren so teuer sind. „Austern brauchen circa vier Jahre um zu wachsen – und ein Virus, den wir in Europa seit sechs Jahren haben, bringt ca. 70 % der Austern um“, so der sympathische Austernzüchter. Später haben wir dann noch Gelegenheit, an blankgescheuerten Tischen frische Austern zu kosten. Wirklich „très bon“. Bei so einem Genuss kommen wir gern mal wieder, um der Gourmandie „in die Töpfe“ zu schauen.

von Dieter Knaut