In TradeTalk spricht Michael Beck, geschäftsführender Gesellschafter der Galerie Beck & Eggeling, Klartext über das Thema „Echte Kunst – falsche Kunst“ sowie über Qualitätsmerkmale zum Aufbau von Kunstsammlungen. Hier Auszüge seines Vortrags im Düsseldorfer Wirtschaftsclub:

Kunsthändler scheuen nachvollziehbar das Thema Fälschung wie der Teufel das Weihwasser. Es liegt auf der Hand, dass man durch Fälschungen in größte Schwierigkeiten gezogen werden kann, denn neben der Enttäuschung sind oft hohe Investitionssummen im Spiel: der Fälscher fälscht natürlich am liebsten das, was am meisten Geld verspricht. Dann lohnt es sich erst, ein gewisses Risiko einzugehen. Wir sprechen nicht von „Kavaliersdelikten“, so wie es doch immer wieder in der Presse zu lesen war. Und ist man erst einmal einer Fälschung aufgesessen, soll die
Geschichte nicht an die große Glocke gehängt werden, da es bestimmt nicht zur Förderung des Renommees eines Sammlers, Kunstexperten, Galeristen oder Kunsthändlers gehört, wenn über eigene Fälschungsgeschichten berichtet wird. Fast alles wird gefälscht: Gucci, Louis Vuitton, Rolex, Bordeaux-Weine, ja sogar Sicherheitsschlösser eines bekannten deutschen Herstellers.

Aktuelle Fälschungsskandale
In den letzten Jahren wurden wir – wieder einmal – Zeugen zweier Fälschungsskandale von größtem Umfang. Es handelt sich um den Fall Beltracchi, der vor allem französische Fauvisten und deutsche Expressionisten wie Derain und Pechstein fälschte, und zweitens um den Fall Knoedler in New York, wobei es dort vor allem um abstrakte amerikanische Nachkriegskünstler wie Mark Rothko und Joan Mitchell geht. Der Fall in New York hat im Übrigen eine wesentlich größere Schadensziffer als der Fall Beltracchi. In beide Fälle ist Beck & Eggeling nicht verwickelt – Gott sei Dank – und so kann ich nur meine persönliche Meinung dazu verlauten lassen. Und dann gibt es noch den Fall Ely Sakhai, ebenfalls aus dem internationalen Zentrum des Kunsthandels, New York.

Meine These: es gibt keinen Kunsthändler auf der Welt, der halbwegs aktiv Geschäfte macht, der noch nie in seiner Laufbahn mit Fälschungen zu tun hatte. Uns wurden in zwanzig Jahren Kunsthandel falsche Werke u.a. von Manet, Nolde, Chagall, Kirchner, Monet, Pechstein, Polke, Braque und Picasso angeboten. Der Markt der Fälschungen ist lebendig: Alte Bekannte tauchen leider immer wieder auf und kehren in den Markt der falschen Kunstwerke zurück, wie auch immer wieder neue Fälschungen geschaffen werden.

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Galerist Michael Beck und Rechtsanwalt Dr. Jörg Wacker mit einem Renoir. In der nächsten TradeTalk-Ausgabe wird Dr. Wacker über die juristische Seite von Kunstfälschungen berichten. © TradeTalk

Vorgehen der Fälscher
Die Fälscher meiden natürlich die großen seriösen Galerien in der Regel – auch hier gilt das Sprichwort „Ausnahmen bestätigen die Regel“ – und versuchen, eher bei den weniger versierten Händlern zum Zuge zu kommen. Bis heute konnten wir uns bis auf einen Fall immer vor Fälschungen schützen und entlarvten solche rechtzeitig. Neben einer guten Nase, wachen Augen und gespitzten Ohren, sind die wichtigsten Aufgaben des seriösen Kunsthändlers die genaue Überprüfung der Malmaterialien (sind sie offensichtlich auf alt getrimmt?) und vor allem die genaue Überprüfung der
Provenienz, sozusagen der Lebensgeschichte des Kunstwerkes. Alarmglocken sollten läuten, wenn etwa der Verkäufer von einem völlig unbeachteten Bild auf dem Schrank spricht, das der Großvater von einem befreundeten Künstler geschenkt bekam. Die schon versiertere Version klingt z.B. so: „Das Bild wurde bei der Galerie Commeter in Hamburg 1952 erworben, war dann bis in die 80er Jahre in einer süddeutschen Sammlung und mein verstorbener Vater hat es 1995 von den Erben dieses Sammlers erworben“. Die Frage nach Unterlagen, Rechnungen oder Bildbeschreibungen wird meistens verneint, aber der gewiefte Fälscher wird dann auch diese Dokumente – natürlich ebenfalls gefälscht – vorlegen.

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Max Ernst. Ohne Titel (La Forêt), 1951. Öl auf Papier auf Leinwand, 25 x 19,1 cm. © Beck & Eggeling

Die Fälle Beltracchi und Ely Sakhai
Im Fall Beltracchi schuf dieser hervorragende Kopien und Nach-Schöpfungen, fälschte obendrein sogar noch alt-aussehende Fotos der Wohnräume der erfundenen Sammler aus den 30er Jahren, auf denen man die gefälschten Bilder an der Wand hängen sehen konnte und setzte obendrauf noch seine als Großmutter verkleidete Ehefrau hinein, wirklich clever und betrügerisch. Ely Sakhai, ein unauffälliger New Yorker Händler erwarb echte Renoirs, Chagalls etc., ließ diese in Asien hervorragend mit alten Materialien fälschen, versah dann die falschen Bilder mit echten Papieren, veräußerte diese, wartete einige Jahre und verkaufte dann auch die echten Bilder – aber eben ohne Papiere, die ja bei den falschen Bildern waren. Dabei war sein großer Fehler, die echten Bilder auch über die großen Auktionshäuser zu versteigern, also für fast die ganze Kunstwelt sichtbar, denn dort riefen oft, wenn es eine Einlieferung von Sakhai gab, Sammler an, die behaupteten das gleiche Bild zu besitzen. Dadurch flog er letztendlich auf und wurde verurteilt.

Tipps für die eigene Kunstsammlung
Kommen wir also zur echten Kunst zurück: Leider fehlt uns die Zeit, um jetzt auch noch unsere Ideen zum Aufbau einer Sammlung zu vermitteln, ein sogar weit mehr ausuferndes Thema. Aber zumindest möchte ich Ihnen einen Tipp geben und damit auch das Wesentliche beim Kunstsammeln kurz und bündig zusammenfassen. Sammeln Sie nur jene Kunst, die Sie mögen und die Ihnen gefällt. Sammeln Sie mit den Augen, nicht mit den Ohren! Kaufen Sie die Kunstwerke, die Ihnen zuzwinkern. Ein Bild kann Sie – wie eine schöne Frau oder umgekehrt eben ein eloquenter Gentleman – auf den ersten Blickkontakt einfangen. Lassen Sie sich ruhig einfangen. Mit diesem Bild, das Ihnen den Kopf verdreht hat, werden Sie, wenn Sie unsere Ratschläge befolgen, viel Freude haben!

www.beck-eggeling.de