Hand aufs Herz: Haben Sie Ihre eigene Handy-Nummer im Kopf? Und wie viele Geburtstage Ihrer Lieben fallen Ihnen ohne Hilfsmittel ein? Die digitale Technik macht unser Leben leichter. Ein Klingelton des Handys erinnert uns an wichtige Termine. Aber macht uns diese Technik nicht auch ein klein wenig dümmer?
Von „Digitaler Demenz“ wird gesprochen, wenn jemand auf Grund von zu viel Umgang mit elektronischen Geräten aufhört selbst zu denken und sein Gedächtnis nicht mehr benutzt. Noch ist sich die Wissenschaft nicht einig darüber, ob Smartphone, Tablet, GPS und Co. unsere Gedächtnisleistung beeinträchtigen. Das Institut myMarktforschung.de hat im Rahmen einer repräsentativen Umfrage mit 1.000 Teilnehmern untersucht, wie es um die Merkfähigkeit der Deutschen bei wichtigen Terminen, Geburtstagen und Telefonnummern bestellt ist. Demnach gab jeder siebte der Befragten an, dass er keine Rufnummer von Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern auswendig kennt, fast ein Drittel der deutschen Handybesitzer kennt weder die Handynummer des Partners noch seine eigene Handynummer auswendig. Die Handynummer der besten Freundin bzw. des besten Freundes hat nur noch etwa jeder Sechste im Kopf.
Zettel oder Smartphone?
Wenn es um die Geburtstage von Freunden, Bekannten und Familie geht, ist es scheinbar sehr gut um das Erinnerungsvermögen bestellt: Die Deutschen schätzen, dass sie durchschnittlich vierzehn Geburtstage aus ihrem persönlichen Umfeld auswendig kennen, dabei meinen Frauen, im Schnitt sechzehn Geburtstage zu kennen, Männer hingegen nur elf.
Über drei Viertel der Deutschen sind Besitzer eines Notebooks/Laptops und eines Smartphones und nutzen mindestens einmal am Tag das Internet. Wichtige Termine werden von einem Viertel der Befragten
direkt in das Smartphone oder den PC eingetragen, ein Fünftel nutzt die digitale Erinnerungsfunktion mindestens ein Mal am Tag.
Die Mehrheit der Deutschen vertraut allerdings auf nostalgische Gedächtnisstützen wie den handschriftlichen Vermerk im Kalender oder auf einem Notizzettel. Knapp jeder Zehnte behält wichtige Termine sogar im Kopf. Im geschlechtsspezifischen Vergleich ist festzustellen, dass nur jede fünfte Frau ihre Termine digital vermerkt, bei den Männern geht fast jeder Dritte so vor.
Wann ist der Kopf frei?
Ob diese Zahlen alarmierend sind, wird sich wohl erst in einigen Jahren oder gar Jahrzehnten herausstellen. Inzwischen gibt es auch Studien, die besagen, dass die Furcht vor digitaler Demenz unbegründet sei. Vielmehr müsse sich das Gehirn durch die technischen Hilfsmittel mit weniger Ballast herumschlagen und es würden Hirnkapazitäten frei, die insbesondere das kreative Denken beflügelten. Wichtig scheint hierbei jedoch, dass der Mensch seiner Technik auch vertraut, d.h., dass er jederzeit auf seine E-Mail-Kontakte, Telefonnummern und Wegbeschreibungen zurückgreifen kann. Fehlt dieses Vertrauen, dann ist auch der Kopf im wahrsten Sinne des Wortes nicht frei. Der Hirnforscher Hans-Peter Thier hält den Begriff der digitalen Demenz für verfehlt. In einem Interview mit „Der Welt“ sagte er: „Unter Demenz versteht die Medizin einen Verlust ursprünglich verfügbarer kognitiver Fertigkeiten – einen Verlust des Gedächtnisses, eine Einschränkung des Denkvermögens, Orientierungsstörungen und letztendlich einen Zerfall der Persönlichkeitsstruktur. Was immer die Nutzung digitaler Medien im Gehirn machen mag – es gibt keinerlei Evidenz dafür, dass sie zu fassbaren krankhaften Veränderungen im Gehirn führt.“
Fest steht, dass noch viele Studien nötig sind, um den Einfluss digitaler Medien auf den Einzelnen und die Gesamtgesellschaft zu erforschen.