Deutschland fällt in der Rangliste der Wettbewerbsfähigkeit um vier Plätze auf den zehnten Platz zurück. Professor Arturo Bris, Direktor der Schweizer Business School IMD (International Institute for Management Development), erörterte im Wirtschaftsclub Düsseldorf die Position Deutschlands im weltweiten Ranking. Sein Thema „Wachstum langfristig und nachhaltig generieren – die Herausforderung der Wettbewerbsfähigkeit“ brachte Aufschluss über Stärken und Schwächen der Deutschen Wirtschaft.
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Gewinner und Verlierer im globalen Vergleich
Professor Bris präsentierte Fakten aus seiner Anfang des Jahres veröffentlichten Studie zur globalen Wettbewerbsfähigkeit. Demnach haben die USA kontinuierliche Erfolge vorzuweisen, in Asien gibt es rückläufige Ergebnisse und in großen aufstrebenden Ländern wie China, Indien, Russland und Brasilien sind die Ergebnisse gemischt. In Europa (Portugal, Spanien, Italien) konnten die Wissenschaftler teilweise eine Erholung sehen.
Die Trägheit der Bundesregierung ist verantwortlich
„Das Problem, was wir in Europa haben, ist eine zu langsame Politik und schlechte Effizienz der Regierung, unternehmensfreundliche Entscheidungen schnell zu treffen!“ Im Fall Deutschland kritisierte Professor Bris damit die Trägheit der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und zu fördern. Er stellte heraus, dass dies ein großer Schwachpunkt in Europa und auch in Deutschland ist. „Die Regierungen in Europa planen nicht langfristig sondern konzentrieren sich nur auf die nächste Wahl“. Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen sei ein wichtiger Faktor eines Landes oder Unternehmens, um langfristiges Wachstum zu generieren. Eine fundamentale Voraussetzung für die Entwicklung von Werten sei die Schaffung von Arbeitsplätzen ebenso wie von Wohlstand und Innovation. „In der Wirtschaftspolitik jeder Regierung sollte das Ziel der Wettbewerbsfähigkeit als Priorität eingebunden sein“, so Bris. Dennoch sind Strategien, die auf der wirtschaftlichen Entwicklung immaterieller Vermögenswerte basieren im 21. Jahrhundert nur sehr selten. „Brasilien und China sind gute Beispiele für die Unfähigkeit wettbewerbsfähige Wirtschaften aufzubauen“, so der Professor.
Die vier entscheidenden Eckpfeiler
Den Fokus bei der Vorstellung seiner Präsentation legte der international angesehene Finanz-Professor auf vier in seinen Augen fundamentale Bedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Es ist zum einen Wirtschaftswachstum, Regierungseffizienz, Unternehmenseffizienz und zum anderen die Infrastruktur. Bei den Untersuchungen sieht sich das Institut die Gesamtsituation des Landes an. Insgesamt wurden 340 Indikatoren untersucht, die in den Bewertungsprozess eingeflossen sind. Darunter subsumieren sich unter anderem die wichtigen Indikatoren Arbeitsmarkt, unternehmensfreundliche Reglementierungen, finanzielle Ressourcen, Bildung, Wertesystem, Gründerklima, Technologie und Sozialsystem. Jedoch machte der Professor deutlich, dass die Position eines Landes im Ranking nicht entscheidend sei sondern wichtiger ist, was für ein Modell zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit angewendet wird. Als Beispiel für Unternehmenserfolg und Nachhaltigkeit nannte der Professor das Schweizerische Unternehmen Swatch Group Ltd., das langfristiges Wachstum generiert. Er führte an, dass der Schlüssel für Unternehmenserfolg die Implementierung optimaler Unternehmensprozesse ist.
Deutschland hat noch Chancen
Die Auswertung der Indikatoren hat ergeben, dass Deutschland in vielen Punkten noch gut dasteht. Auch wenn Unternehmen die wirtschaftliche Stärke des Landes eher mit Pessimismus betrachten und das Image des exportorientierten Landes gesunken ist, hat Deutschland ein gutes Fundament für eine wettbewerbsfähige Zukunft. „Europa und speziell Deutschland haben eine gute Infrastruktur, die fundamental wichtig für Wirtschaftswachstum ist ebenso wie eine hohe Lebensqualität“, meinte Bris. Entscheidend sei, an dem Ansehen zu arbeiten, um das Land für internationale Unternehmen attraktiv zu machen.
Der IMD-Direktor ist überzeugt, dass Wettbewerbsfähigkeit und demzufolge wirtschaftliches Wachstum allmählich in den traditionellen Wirtschaftsländern wie USA, Großbritannien, Kontinentaleuropa und auch Japan wieder zu verzeichnen sein werden. Dieses sind, so Bris, die Wirtschaftsländer, die seit Jahrhunderten die richtigen wirtschaftlichen Organe (Bildungs-, Gesundheits- und Wertesystem sowie eine Geschäftskultur) aufgebaut haben, die die Pfeiler für langfristiges Wachstum darstellen. „Es gibt sicherlich einige Herausforderungen in dem speziellen Fall Europa, aber wir Europäer können diese eher lösen als aufstrebende Wirtschaftsländer wie China, Indien oder Lateinamerika es könnten“, so sein optimistischer Ausblick.
von Nadja Thom
Fotos: © IMD
Fotos: © TradeTalk