Darmkrebs wird häufig erst spät bemerkt, mit oft gravierenden Folgen: Fünf Jahre nach der Diagnose Darmkrebs lebt, nach Zahlen des Krebsregisters, nur noch die Hälfte der Erkrankten. Bei einer Darmspiegelung, einer sogenannten Koloskopie, können bereits harmlose Frühstadien der Erkrankung erkannt und schonend entfernt werden. Ab dem 50. Lebensjahr haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf diese Vorsorgeuntersuchung. Zum Darmkrebsmonat März appelliert die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS), den nachweislich lebensrettenden Termin wahrzunehmen. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Vorsorgekoloskopien aus Angst vor einer Infektion mit dem Virus rückläufig. Die Sorge vor einer Ansteckung sei jedoch unbegründet.
Laut Zahlen des Krebsregisters erkrankt jede Zwanzigste und jeder Siebzehnte im Laufe seines Lebens an Darmkrebs. Er entwickelt sich in ungefähr 90 Prozent der Fälle aus zunächst gutartigen Polypen der Darmschleimhaut. Im Regelfall wachsen diese langsam über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren und verursachen keinerlei Symptome. Deswegen ist die Koloskopie und das damit verbundene Abtragen von Darmpolypen eine der wenigen Vorsorgeuntersuchungen, die Krebs verhindern können.
Seit dem 1. Juli 2019 hat sich das Verfahren zur Darmkrebsvorsorge verändert. Gesetzlich Krankenversicherte werden ab dem 50. Lebensjahr nun aktiv zur Koloskopie eingeladen. „Wir freuen uns, dass seither die Zahl der Koloskopien 2019 im Vergleich zu 2018 um 25 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Darmkrebs-Neuerkrankungen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Dr. med. Ullrich Tappe, Niedergelassener Gastroenterologe und DGVS-Experte. „Gleichzeitig gibt es immer noch Raum für Verbesserungen: Die Zahl derjenigen, die an Darmkrebs sterben, könnte deutlich niedriger sein, würden die Vorstufen und frühe Erkrankungs-Stadien rechtzeitig erkannt“, so Tappe weiter.
Doch warum wird die Vorsorge-Koloskopie nicht von mehr Menschen in Anspruch genommen? Dr. med. Dietrich Hüppe, Niedergelassener Gastroenterologe und DGVS-Experte, sieht hier noch Verbesserungspotenzial auf mehreren Ebenen. So sollte das Einladungsverfahren der gesetzlichen Krankenkassen durch ein Erinnerungsschreiben ergänzt werden. „Wurde die Untersuchung nicht wahrgenommen, vergehen sonst fünf weitere Jahre bis zur nächsten Einladung.“ Weiteres Verbesserungspotenzial sieht Hüppe bei der Aufklärung selbst. Diese sollte alle Zielgruppen adressieren. Das ist seiner Meinung nach mit der bislang verfügbaren 18-seitigen und sehr textlastigen Broschüre nicht gegeben. „Diese könnte auf viele abschreckend wirken.“
Sorge bereitet Hüppe auch die in der ersten Welle der Pandemie im Jahr 2020 zurückgegangene Nachfrage nach Koloskopien. „Viele Patienten haben uns erklärt, dass Sie Angst vor einer Ansteckung in der Praxis hätten.“ Er beruhigt: „In den Kliniken und Praxen greifen strenge Hygienekonzepte, wie Corona-Testungen bei der Aufnahme, Isolierung von Risikopatienten und umfassende Quarantäneregeln. Dazu kommen regelmäßige Testungen von Personal und Patienten. Für Patienten besteht bei einer Koloskopie kein erhöhtes Risiko, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren. Das Risiko, dass ein Tumor im Frühstadium wegen einer unterlassenen Vorsorge übersehen wird, ist viel größer.“
Quelle: Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
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