Alexander Graf Lambsdorff und Dr. Georg Graf von Wallwitz referierten im Wirtschaftsclub Düsseldorf auf Einladung der von Plettenberg, Conradt und Cie. Family Office GmbH Düsseldorf zur politischen Situation Europas und deren möglicher Auswirkung auf Wirtschaft und Weltbörsen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Martin Bewerunge, leitender Redakteur der Rheinischen Post.
In seiner Bestandsaufnahme mahnte Lambsdorff, Vizepräsident des Europaparlamentes, konkrete Schritte und Maßnahmen an, um die zahlreichen Krisen in der EU zu bewältigen. Gerade beim Thema Sicherheit sind laut Lambsdorff europäische Antworten mehr gefordert denn je. Ein europäisches FBI mit grenzübergreifenden Ermittlungskompetenzen würde die Kommunikationslücken zwischen den nationalen Sicherheitsbehörden überwinden. Zudem mahnte Graf Lambsdorff einen echten europäischen Grenzschutz an, der aus eigener Lagebeurteilung heraus handlungsfähig ist. Hier müssten die Innenminister der Mitgliedstaaten endlich über ihren Schatten springen und einen gemeinsamen EU-Grenzschutz ins Werk setzen, der mit eigenem Personal und eigenen Kompetenzen die Situation an den Brennpunkten entschärfen kann. Zudem warb er eindringlich für die Stärkung einer gemeinsamer Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Das demokratische Votum der Briten ist zu respektieren
In Bezug auf den Brexit sagte Lambsdorff, dass das demokratische Votum der Briten zu respektieren sei, aber gleichzeitig der wirtschaftliche Schaden auf beiden Seiten des Kanals minimiert werden müsse. Deswegen müssten unverzüglich Verhandlungen über eine britisch-europäische Handels- und Investitionspartnerschaft aufgenommen werden, sobald Großbritannien den Austritt offiziell verkündet hat.
Allgemeines Interesse fand auch die Frage zur Zukunft Europas. Lambsdorff zeichnete ein durchaus positives Zukunftsbild, falls sich die Mitglieder darauf einigen können, die vordringlichen Aufgaben anzunehmen. Lambsdorff stellte fest, dass die EU den Verlust eines Mitgliedes wie Großbritannien verkraften könne, auch wenn dieser gerade aus liberaler Sicher sehr schmerzhaft sei. Zugleich betonte er aber die Wichtigkeit des Verbleibes und des Einverständnisses der großen und tragenden Nationen wie Deutschland und Frankreich. Ein Austritt Frankreichs, der in Folge eines Wahlsieg von Marie Le Pen nicht mehr ausgeschlossen werden könne, bezeichnete Graf Lambsdorff als ein mögliches Ende Europas, wie wir es heute kennen.
Keine vorschnellen Beitritts-Einladungen
Umgekehrt warnte Lambsdorff vor vorschnellen Beitritts-Einladungen an potentielle neue Mitglieder und beleuchtete in diesem Zusammenhang die jüngste Entwicklung der Türkei. Staaten innerhalb der EU benötigten ein Mindestniveau freier, demokratischer Ordnung und moderner Staatsführung, welches die Türkei gegenwärtig nicht biete. Insofern plädierte er dafür, den gescheiterten Beitrittsprozess zu beenden und stattdessen eine auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Interessen gründende positive Agenda zu entwickeln.
Dr. Georg Graf Wallwitz, Inhaber und Geschäftsführer der Eyb und Wallwitz Vermögens-Management GmbH, München, nahm in seinen Ausführungen börsenrelevante Themen auf und illustrierte seine Thesen präzise und humorvoll.
Der erfolgreiche Vermögensverwalter und Autor zahlreicher Bücher und Fachpublikationen beleuchtete speziell die möglichen Auswirkungen eines Zerfalls der EU und der zugehörigen Währungsunion. Wallwitz erklärte am Beispiel Großbritanniens, dass ein Austritt aus der Union zunächst nicht die verbleibenden Mitgliedsstaaten, sondern die ausscheidende Nation träfe. `Wie hat sich die Welt seit dem Brexit denn verändert`? , fragte er in die Runde. `Die Welt erlebt einen Börsen-Boom und der `Wert der britischen Wirtschaft` büßt 25 % ein`. Dies zeige, so Wallwitz, dass ein Exit, egal welcher Nation, hauptsächlich für diese nachteilig sei. Lediglich im Hinblick auf die Rolle Frankreichs teilt er die Meinung Graf Lambsdorffs, ein Verlust eines Hauptmitgliedes sei nicht zu verkraften.
Börsen haben kein Gedächtnis
Im Falle der Aufteilung Europas wäre Deutschland ein sicherer Hafen mit stabiler Währung. Als Exportnation würde aber genau Dies früher oder später zum Boomerang.
`Börsen haben kein Gedächtnis`, so Wallwitz und daher seien auch größere externe Schocks durch positive neue Nachrichten zu kompensieren. Weder der Brexit, noch die Serie von Anschlägen oder der überraschende Ausgang der US-Wahlen hatten langfristigen Einfluss auf die Aktienmärkte und dies bliebe auch so, solange das Geld weiter sprudelt. `Donald Trump aber sei ein Immobilienmann und daher fremdkapital-affin. Deswegen sei, zumindest in den USA, kurz- bis mittelfristig keine durchgreifende Änderung der expansiven Leitzins-Politik zu erwarten.
2017 mit seinen richtungsweisenden Wahlen wird uns und ganz Europa, da sind sich beide Referenten einig, den Weg in die Zukunft weisen.
Foto (c) Alexander Graf Lambsdorff
Gruppenfoto: Frank Conradt, Frhr.Christian von Plettenberg, Martin Bewerunge, Dr. Georg Graf von Wallwitz (v.li)
Gruppen-Foto (c) von Plettenberg, Conradt und Cie. Family Office GmbH Düsseldorf