Seit über elf Jahren ist Werner Matthias Dornscheidt Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf GmbH. Einer der führenden Messen weltweit. Mit TradeTalk hat der „Messe-Macher“ über Umsätze und internationale Entwicklungen gesprochen – und verraten, was aus dem Marzipan-Pullmann zu seinem Geburtstag wurde.
Der Konzernumsatz der Messe Düsseldorf GmbH wurde im vergangenen Jahr auf 412 Millionen Euro gesteigert. Woran lag das?
An uns (lacht). Im Ernst: das lag am nachhaltigen Wirtschaften und am Messezyklus. Nicht jedes Jahr finden alle Fachmessen statt. Treffen einige aufeinander, können wir das Ergebnis steigern. Faustregel: der Umsatz in geraden Jahren ist höher als in ungeraden. 30 Prozent des Umsatzes machen wir im Ausland. In 2014 haben wir 58 Millionen Euro Gewinn erzielt. Positiv für unsere Eigentümer und für uns. Denn unser größtes Pfund ist, dass wir am Messeplatz Düsseldorf ohne Subventionen arbeiten können. Investitionen beispielsweise ins Gelände stemmen wir aus eigener Kraft. Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit garantiert Handlungsfähigkeit – gerade mit Blick auf die nationale und internationale Konkurrenz. Und bringt uns gleichzeitig in die Lage, unseren Anteilseignern etwas zurückzugeben.
In welche Projekte wollen Sie künftig den erwirtschafteten Gewinn investieren?
Wir investieren in unser bestehendes Programm, das bereits sehr ausgewogen ist. Wir investieren in neue Veranstaltungen, von denen wir Wachstum erwarten, wie die Energy Storage – Energiespeicherung ist ein großes Thema. Wir investieren in den Kundenservice – Stichwort Digitalisierung – und natürlich in das Gelände, rund 600 Millionen Euro. Unser Konzept „Messe Düsseldorf 2030“ zielt auf die Optimierung des Auslandsgeschäfts und des internationalen Vertriebs. Damit wir unseren Kunden ausgewählte Messethemen in den wichtigsten Märkten der Welt anbieten können, und zwar auf Düsseldorfer Niveau. Dazu gehört auch die Stärkung unseres Netzwerks von Töchtern, Beteiligungen und Auslandsvertretungen. Die Bevölkerung nimmt uns eher durch die boot oder den CARAVAN SALON wahr, aber unsere Innovations- und Umsatzträger sind größtenteils internationale Fachmessen aus dem Maschinenbau- bzw.Investitionsgüterbereich.
Wie ist die momentane Situation in Russland?
Mit 73 Auslandsvertretungen sind wir in 134 Ländern präsent. Wir haben acht Tochtergesellschaften, die Kontinente abdecken, u.a. in China, ASEAN und Indien. In Russland sind wir schon seit 51 Jahren vertreten, übrigens als erste westliche Messegesellschaft überhaupt. Mit diesen Erfahrungen im Rücken heißt es also erstmal: Ruhe bewahren. Die russische Wirtschaft ist momentan in der Krise, ja. Viele Unternehmen haben keinen Zugang zu Devisen und können nicht investieren. Importe verschieben sich wegen der Sanktionen von der EU auf China. Wenn die schlechte Absatzsituation so bleibt, wird sie auf längere Sicht auch die einzelnen Messen beeinflussen, ganz klar. Aber wir sind gut aufgestellt und genießen in Russland großes Vertrauen unsere Partner und Kunden. Die Ereignisse in der Ukraine haben sich schon auf das Messegeschäft ausgewirkt. Drei Messen im Umfeld von Donezk mussten wir aus Sicherheitsgründen absagen.
Wie stark ist der Wettbewerb unter den deutschen Messegesellschaften?
Der Wettbewerb ist stark. Wir haben in Deutschland 68 Messegesellschaften, davon sieben große. Diese sind in der Gemeinschaft Deutscher Großmessen (GDG) organisiert. Die anderen im Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (AUMA). Weltweit gibt es 140 Leitmessen, allein 90 finden in Deutschland statt. Davon 24 in Düsseldorf. Unsere Messegesellschaft ist Marktführer. Als Vize-Vorsitzender des AUMA sage ich das durchaus mit einer kleinen Prise Stolz. Diese Position müssen wir halten.
Was bedeutet aus Ihrer Sicht die Messe Düsseldorf für die Stadt Düsseldorf?
Umwegrendite und internationales Flair! Die Messe ist ein Mehrwert für Düsseldorf: der siebenfache Umsatz, den die Messe erwirtschaftet, kommt der Region zugute. Heißt: wenn die Messe Düsseldorf GmbH 350 Million erwirtschaftet, hat die Region einen Umsatz von über 2,4 Milliarden Euro. Sei es durch Hotelübernachtungen, Taxifahrten oder Restaurantbesuche, Einzelhandel, Subunternehmer, Auf- und Abbaukräfte, die übernachten müssen, etc. Bedeutet: hohe Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt. Sie profitiert von den Synergieeffekten einer international tätigen Messegesellschaft: bis zu 80 Prozent der Aussteller und 60 Prozent der Besucher kommen aus dem Ausland an den Rhein. Und im Ausland selbst agieren unsere Töchter als „Botschafter“ der Stadt.
Welche Messen begeistern Sie?
Jede. Messen haben alle ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Charme. Besonders interessant finde ich unsere Maschinenbaumessen oder die MEDICA als weltgrößte Medizinmesse, natürlich hängt mein Herz auch an der boot und der ProWein. Wir haben im Grunde alle Innovationsträger der Welt hier vor Ort. Ein faszinierender Schmelztigel.
Die Messe Düsseldorf spielt in der 1. Liga. Was tun Sie, damit das so bleibt?
Weitermachen wie bisher. International denken, aber auch lokal handeln: das Messegelände auf Top-Niveau halten, das globale Portfolio ausbauen, sich vertrieblich neu aufstellen, indem wir u.a. einige Produkt-familien highlighten, Trends wie die Digitalisierung adaptieren, Messen an der homebase stabilisieren und die Nomenklaturen aktuellen Branchentrends anpassen. Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Industrie, die das Ohr am Weltmarkt haben. Aber wir schauen auch über den Tellerrand hinaus: Mit welchen Kongressen können wir unsere Messen inhaltlich aufladen? Welche gesellschaftlich relevanten Problemlösungen bieten wir an? Hier sind wir als Veranstalter der interpack Initiator der SAVE FOOD-Initiative und Partner der Welternährungsorganisation (FAO). Nicht zu vergessen die Deutschen Häuser, die wir bei den olympischen und paralympischen Spielen organisieren und betreiben. Das alles geht nur mit einer gehörigen Portion Herzblut und einem gut funktionierenden Messe-Team.
Worauf freuen Sie sich nach einer Reise, wenn Sie nach Düsseldorf zurückkommen?
Auf meine Familie, meine Freunde, den Italiener bei uns um die Ecke in Gerresheim, unsere Messe. Düsseldorf ist meine Heimat, „hier kennst du jeden“ mein Grundgefühl. Ich war 21 Jahre im Auslandsmessegeschäft tätig und etwa acht Monate im Jahr unterwegs. Da lernt man seine Heimat sehr zu schätzen. Ich muss auch im Urlaub nicht mehr weit weg fliegen.
Zu Ihrem 60. Geburtstag hat Ihnen die Stadt Düsseldorf einen Mercedes Pullmann aus Marzipan geschenkt …
Ja, großartig, der Pullmann. Und viel zu schade zum essen. Ich habe ihn in mein Büro gestellt, aber die Sonneneinstrahlung nicht bedacht. So schnell können sich Träume auflösen (lacht).
Herr Dornscheidt, Sie haben in Ihrem Berufsleben eine Vielzahl von Städten bereist. Ihre Lieblingsstadt ist ….
Sydney, Rom und natürlich mein Heimatstadtteil Gerresheim (Stadtteil von Düsseldorf/Anm. der Redaktion).
Wie entspannt der „Messemacher“ Werner M. Dornscheidt nach getaner Arbeit?
Bei mir ist jeder Tag anders. Oft habe ich abends oder an den Wochenenden berufliche Termine. Aber das bin ich, das mache ich gern, quasi als „Überzeugungstäter“. Wenn ich frei habe, bin ich zu Hause, mache mit meiner Frau und unserem Hund Spaziergänge oder kümmere mich um das, was für jeden im Alltag so ansteht.
Sport?
Wird vertagt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Dieter Knaut im TradeTalk-Interview mit Werner M. Dornscheidt
Fotos: © Messe Düsseldorf