Die aktuellen Entwicklungen der Wohnimmobilie – darum ging es in dem Vortrag von Andreas Gräf, COO formart GmbH & Co.KG, im Wirtschaftsclub. Er umriss dabei visionäre Ideen der Umsetzung in der Welt von morgen. Gräf zeigte auch die Hürden und Hindernisse auf dem Weg zu diesem Ziel auf.

Reurbanisierung ist derzeit ein großes Thema. War es noch vor
zehn Jahren „in“ im schicken Umland zu wohnen, so sprechen die heutigen Wanderungszahlen eine andere ganz Sprache. Die Menschen zieht es zurück in die großen Städte. Die Metropolen boomen. „Dort, wo die Infrastruktur intakt ist, wo Krankenhäuser in erreichbarer Nähe sind, wo das Auto fast nur noch eine Nebenrolle spielt, wollen viele leben. Urbanes Leben ist Trend“, so Gräf. Dass damit große Herausforderungen und Veränderungen verbunden sind, liege auf der Hand. Die Politik und die Bauwirtschaft müssten sich auf die Bedürfnisse der Zukunft einstellen.

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Andreas Gräf, COO formart GmbH & Co.KG

Faktor Mobilität
Rush Hour irgendwo in Deutschland in einer x-beliebigen Großstadt. Es ist überall das gleiche Bild. Nichts geht mehr, die Nerven liegen blank. Die Parkplatzsituation ist fatal. Das Auto bleibt in der Garage oder auf dem endlich ergatterten Parkplatz wochenlang stehen. Da helfen auch Anwohner-Parkzonen nicht viel. Das Thema der eigenen Dienstwagen rückt in den Unternehmen zunehmend in den Hintergrund. Gefragt sind Car-Sharing-Produkte, die bereits den Markt erobern.

„Was jetzt unsere Städte verändert, das wird dann auch die Wohn-Immobilie zu verändern haben, weil es ja immer eine Schnittstelle zu dem Thema der Mobilität gibt“, erklärt Andreas Gräf.

Faktor Demografischer Wandel
Die Bevölkerungsstruktur wird sich in den kommenden Jahren spürbar verändern. Immer mehr Menschen werden älter. Dank medizinischer und technischer Errungenschaften sind sie auch gesünder. Aber was bedeutet dieser demografische Wandel für die Wohnwirtschaft? Im Jahre 2050 werden schätzungsweise doppelt so viele Menschen in Deutschland leben, die älter als 65 sind im Vergleich zu den über 20-Jährigen. „Diese Zielgruppe hat in der Regel ein vernünftiges Einkommen, sie sind überdurchschnittlich konsumfreudig und haben oft hohe Ansprüche. Natürlich müssen wir uns auch mit entsprechenden Wohnprodukten, die wir dann anbieten, auf diese Zielgruppe einstellen“, sagt Andreas Gräf.

 

Die Welten vermischen sich
Wohnen und Arbeiten greifen immer mehr ineinander. Die Räumlichkeiten, in denen die Menschen seit vielen Jahrzehnten leben, werden die Erwartungen nicht mehr erfüllen können. Die Zukunft hat bereits begonnen. Durch die zahlreichen Möglichkeiten, von jeder Stelle dieser Welt internetfähig zu sein, verzahnen sich die Themen Arbeit und Wohnen noch enger. Das Modell der Wohnungen, die in Grundriss-Plänen entstanden sind, ist überholt. „Wohnungen im Jahr 2025 werden Raumzonen brauchen. Die klassische Raumaufteilung wird aufgebrochen werden“, so Gräf. Denn auch die Familienstrukturen haben sich verändert. Immer mehr Singles bevölkern die Großstädte. Ein großes, repräsentatives Wohnzimmer sei hier nicht mehr gefragt. Fernsehschauen findet schon heutzutage oft mittels Laptop statt.

Ein Flur oder eine Diele, die bisher ausschließlich die Funktion hatte, den Zugang in die Räume zu ermöglichen, wirkt wie verschwendeter Raum. Für formart- Geschäftsführer Gräf könnte das eine praktische Lagerfläche oder ein toller Arbeitsplatz sein. „Wir müssen aufhören in raumbildenden Wänden zu denken, sondern überlegen, wie man so eine Wand ersetzen kann“, betont Gräf. Das Signal heißt Veränderung. Darauf werde die Wohnwirtschaft Rücksicht nehmen müssen, wenn sie nachhaltig und dauerhaft vermietungs- und verkaufsfähige Produkte in den Markt stellen wolle, führt Gräf weiter aus.

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Hürden und Barrieren
Bei jedem neuen Wohnprodukt muss sich die Bauwirtschaft natürlich an deutsche Gesetzmäßigkeiten halten. Und die Regel, in der sich die Wohnwirtschaft bewegt, ist die Baunutzungsverordnung (BauNVO). Sie stammt aus dem Jahr 1962, also aus einer Zeit, wo alles, was heute neu gedacht wird, sicherlich nicht galt. „Es ist kein Geheimnis, dass städtebauliche Leitmotive nicht immer kompatibel mit den Bedürfnissen und der Entwicklung der Bevölkerung sind. Hamburger Stadtteile wie Winterhude oder Harvestehude sind dreimal so intensiv bebaut worden, wie es nach der deutschen Baunutzungsverordnung eigentlich möglich war“, sagt Gräf. Heute möchte niemand diese Viertel mit ihren wunderbaren Gründerzeitvillen missen.

Ein anderer Fall: Es gibt Mischgebiete, die ursprünglich eine Kombination zwischen Wohnen und Arbeiten ermöglichen sollten. Aber sie gehen in der Regel starr nach Quote vor, also 50 Prozent Wohnen und 50 Prozent Gewerbe. Wenn man in den Teilungserklärungen nicht störendes Gewerbe in der Wohnimmobilie erlaube, könne dies ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, erläutert Gräf.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz schützt die Bewohner davor, dass sie in ihrem Wohnumfeld Lärm ausgesetzt sind. Diese Regel bestimmt die Höhe der Emissionslast und zwar 50 cm vor den Fensterfassaden. „Nicht hinter dem Fenster, wo wir leben“, fügt Gräf hinzu. „Sie missachtet komplett, dass wir mittlerweile im Neubau in hervorragend gedämmten Gebäuden sitzen und auch, dass sich Fenstergläser komplett weiterentwickelt haben, so dass sie mittlerweile auch eine hohe Schallschutzfunktion übernehmen“.

Das Resümee von formart COO Gräf ist trotzdem positiv: „Es gibt viele Herausforderungen zu meistern, aber wir sind auf dem richtigen Weg, bedarfsgerecht die ersten Wohnungsbauten vorzubereiten, die dann auch im Jahr 2025 den Wünschen unserer Zielkunden entsprechen werden“.

von Karoline Rebling

 Foto: © Oliver Franke, Tourismus NRW

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